Motorrad Dämpfung

Zu Beginn dieses Fahrwerks-Führers bereits erwähnt: Die Bewegung der Federelemente muss gedämpft werden, damit die Maschine nicht haltlos auf- und abschwingt und den Fahrer so in Teufels Küche bringt. Gedämpft wird dabei sowohl die Auf- als auch die Abbewegung der Federung. Wobei das Einfedern, wenn also die Maschine vorn oder hinten in die Federn taucht – als Druckstufe, das Ausfedern als Zugstufe bezeichnet wird. Generell ist es so, dass die Zugstufendämpfung immer deutlich straffer ausgelegt ist als die Druckstufe, da letztere ja bildlich gesprochen mit der Feder zusammenarbeitet.

Soviel als Grundlage vorweg. Bevor man sich nun an die Einstellung der Dämpfung begibt, sollte man sich über ein paar Sachen klar werden: Erstens ist die Beurteilung der Dämpfung im Stand ausgesprochen schwierig und eigentlich nur von Experten, die schon auf eine Menge Motorräder gedrückt haben, einigermaßen zuverlässig zu leisten. Einen ersten Eindruck kann man aber auch als Laie bereits im Stand gewinnen. Zweitens: Selbst im Fahrversuch sind kleine Änderungen an der Dämpfung fast nicht zu spüren, dazu ist der Einstellbereich bei den meisten Seriendämpfern einfach zu klein. Hier heißt es also: Keine Scheu vor großen Schritten, ruhig mal die Dämpfung von ganz stark auf ganz schwach drehen. Das Motorrad wird immer noch sicher fahren, man bekommt aber wenigstens mal einen Eindruck, was Änderungen an der Dämpfung eigentlich bewirken. Drittens: Über die Einstellung der Dämpfung muss man Buch führen. Allzu schnell hat man sich sonst im Dickicht der oft unzähligen Einstellmöglichkeiten verirrt und weiß nicht mehr, wo man eigentlich mal angefangen hat und welche Einstellung die beste war.

Für eine gelungene Dämpferabstimmung braucht man den Fahrversuch.

Am Ende des vorangegangenen Kapitels haben wir bereits beschrieben, wie man die Harmonie der Federung vorn und hinten überprüfen kann – durch kräftiges Drücken auf den Tank. Dies ist auch ein ganz guter Einstieg für die Bewertung der Dämpfungscharakteristik. Achtet man beim kräftigen Drücken auf den Tank nämlich einfach mal auf die Einfedergeschwindigkeit vorn und hinten, bekommt man einen ersten Eindruck von der aktuellen Dämpfungsabstimmung. Federt die Maschine nämlich zum Beispiel vorn schneller ein als hinten, so ist das ein Zeichen dafür, dass die Dämpferdruckstufe hinten straffer ausgefallen ist als vorn. Federt sie an einem Ende schneller aus als am anderen, so ist dies ein Zeichen dafür, dass an diesem Ende die Zugstufe schwächer wirkt als am gegenüberliegenden Ende. Federt die Maschine an einem Ende nach? Dann ist die Dämpfung garantiert zu schwach. Oder kommt sie vorn oder hinten gar nicht mehr richtig hoch? Dann dürfte die Zugstufe dort schon mal deutlich zu straff ausgefallen sein.

Die Platzierung der Einstellschraubchen ist bei praktisch allen Motorrädern gleich oder zumindest ähnlich: Oben auf der Gabel findet man neben der Einstellung der Vorspannung auch die kleinen Schraubchen für die Dämpferzugstufe. Das ist nur in ganz seltenen Fällen anders – sicherheitshalber in der Betriebsanleitung nachschlagen.
Die Druckstufeneinstellung findet man unten an der Gabel, meist auf der Rückseite unterhalb der Bremssättel. Bei den hinteren Federbeinen kann es mehr Variationsmöglichkeiten geben. Doch auch hier findet man die Zugstufe fast immer am unteren Ende, die Einstelleinrichtung für die Druckstufe oben am Ausgleichsbehälter. Sollte dieser nicht vorhanden sein, gibt’s in der Regel auch keine Druckstufen-Verstellung.

Bei der Einstellung der Dämpfung geht man zunächst von der Werkseinstellung aus, so sie noch vorhanden oder in der Betriebsanleitung der Maschine nachschlagbar ist. Bei fast allen Motorrädern werden die Einstellwerte von der maximal geschlossenen Position aus gezählt. Also: Von den Werkseinstellungen ausgehend zunächst Klick für Klick nach rechts drehen und dabei genau mitzählen. Zahl der Klicks notieren. Jetzt mal die Dämpfung vorn und hinten auf die jeweiligen Maximal- und Minimaleinstellung drehen und Gabel beziehungsweise Federbein kräftig zusammen drücken. Spürt man einen Unterschied?

Zur Grundeinstellung Zugstufe, zunächst vorn: Wenn man die Gabel kräftig zusammendrückt und gleich wieder ausfedern lässt, sollte sie ein paar Millimeter über die Ausgangslage zurückfedern, aber keines falls auf- und abschwingen. Logisch: Immer die Änderung an beiden Gabelholmen gleichmäßig vornehmen. Die Zugstufe kann durchaus etwas zu schwach dämpfen, das erhöht den Fahrkomfort oft deutlich, ohne allzu große Einbußen bei der Fahrstabilität mitzubringen. Ganz ähnlich geht man beim Heck vor: Maschine kräftig einfedern und gleich wieder loslassen, beobachten, wie das Heck ausfedert. Es sollte in einem Zeitraum von etwa einer Sekunde satt nach oben gehen, ohne jedoch deutlich an den Anschlag zu knallen. Steckt das Heck spürbar tief in der Dämpfung fest, Zugstufe reduzieren, knallt es hingegen schlagartig nach oben, Zugstufe verstärken. Tipp: Auch hier kann!!! Zugstufe das Fahrverhalten deutlich beeinträchtigen. Das überdämpfte Ausfedern führt auf holpriger Fahrbahn zu einem tiefen Heck mit entsprechend unhandlichem und unkomfortablen Fahrverhalten.

Grundeinstellung

Druckstufe – wieder zunächst vorn: Die Druckstufeneinstellung im Stand ist deutlich schwieriger als das bei der Zugstufe der Fall ist. Hier hilft eigentlich nur der Fahrversuch. Eine mittlere Einstellung wählen und sehen, ob die Maschine beim harten Bremsen sehr weit eintaucht oder die Gabel gar fühlbar auf Block geht. Wenn das Vorrad beim Bremsen springt, ist auf jeden Fall mehr Druckstufe gefragt. Ähnlich schwierig ist die Druckstufenabstimmung am Heck: Der ungeübte Abstimmer kann kaum unterscheiden, ob der Widerstand, den ihm die Federung beim Herunterdrücken entgegensetzt, von der Feder, einer eventuell stark progressiven Hebelei oder einer straffen Druckstufendämpfung herrührt. Grundregel: Bei hoher Beladung braucht man auch eine straffe Druckstufe, die bringt Stabilität vor allem in Schräglage und verhindert das Durchschlagen des Hecks. Zu viel Druckstufe mündet unter Umständen in deutliches Lenkerschlagen auf unebener Piste.

Doch wie gesagt; Für eine gelungene Dämpferabstimmung braucht man den Fahrversuch.

Problem – Lösung und Einstellung

Maschine pendeln bei hoher Geschwindigkeit Negativweg hinten überprüfen, Druckstufe hinten erhöhen, Zugstufe hinten verringern, Luftdruch kontrollieren
Mangelnde Bodenfreiheit in Schräglage Negativfederweg vorne und hinten überprüfen, eventuell verringern
Klackernde Geräusche auf schlechter Piste oder beim Bremsen Lenkkopflager überprüfen, eventuell straffer stellen
Lenkerschlagen im Schiebebetrieb Luftdruck überprüfen, Negativfederweg vorn überprüfen, eventuell erhöhen, Heckbeladung wenn möglich verringern
Motorrad sehr unhandlich Negativfederweg überprüfen, eventuell vorne erhöhen, hinten verringern, Luftdruck überprüfen, eventuell erhöhen
Fahrzeugheck schwingt in Schräglage nach, vor allem im Soziusbetrieb Negativfederweg hinten überprüfen und an Beladung anpassen, Druckstufe hinten erhöhen, wenn alles nicht hilft auf härtere Federn umstellen
Fahrzeugheck fühlt sich straff an, federt bei Bodenwellen dennoch weit durch Negativfederweg vergrößern, Druckstufe erhöhen, eventuell härtere Feder mit geringerer Vorspannung verbauen
Maschine kippelt bei niedrigem Tempo, lenkt unpräzise ein Lenkkopflager auf eingelaufene Stellen überprüfen, eventuell lockern, Lenkungsdämpfer weicher stellen
Lenkerschlagen beim Beschleunigen vor allem in leichter Schräglage Negativfederweg vorn überprüfen, eventuell erhöhen, Zugstufe vorn verringern, Druckstufe hinten verringern, eventuell Hebelei und Schwingenlager auf Leichtgängigkeit prüfen
Voderrad springt beim Bremsen, blockiert schnell Druckstufe vorn erhöhen, Zugstufe vorn reduzieren, Negativfederweg überprüfen, eventuell verringern, Gabelölstand kontrollieren, eventuell in kleinen Schritten erhöhen oder auf härtere Federn umstellen
Hinterrad stempelt beim Bremsen Druck- und Zugstufe erhöhen, Hebelei und Schwingenlager auf Spiel prüfen, eventuell neu lagern
Motorrad sehr nervös beim Bremsen Zugstufe hinten erhöhen, Druckstufe vorn erhöhen, Negativfederweg vorn und hinten überprüfen und korrekt einstellen
Starkes Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage Luftdruck im Vorderrad überprüfen, eventuell erhöhen, Negativfederweg vorn überprüfen, eventuell verringern, Druckstufe vorn erhöhen

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